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Tim Lobinger & Joshua Kimmich: „Liebe auf den ersten Blick“ Teil II

Im ersten Teil des Interviews mit Coach Tim Lobinger durften wir erfahren, wie er Jo kennen und lieben gelernt hat und vor allem, welche Rolle er bei seinem Comeback gespielt hat. Heute geht’s um Stärken, einen Ausblick seines Athleten und darum, welchen Einfluss Individualtraining auf deine Performance hat.

Kommen wir nochmal zu Joshua Kimmich als Sportler und Mensch. Was zeichnet ihn deiner Meinung nach aus?

Jo ist ein umheimlich kompletter Sportler, der Dinge vereint, die man sich als Trainer wünscht. Er ist intelligent, er ist spielintelligent, er ist ehrgeizig, er hat eine Meinung, er lässt sein Rückgrat nicht durch äußere Einflüsse verbiegen und er setzt auf die Menschen, die ihn seit Jahren begleiten. Vor allem auf die, die ihm nicht nur auf die Schulter klopfen, wenns läuft – sonst gäbe es aber auch viel zu tun…-, sondern ihm auch in guten Zeiten sagen, was man noch besser machen kann. Umgekehrt aber natürlich auch in schlechten Zeiten zu ihm stehen.

Ich glaube, dieser letzte Punkt ist grundsätzlich enorm wichtig für einen kontinuierlichen und erfolgreichen Weg. Denn das Umfeld wandelt sich mit Vereinswechseln natürlich gewaltig und das heißt nicht, dass es zwangsläufig leistungsfördernd ist oder dazu führt, dass die charakterlichen Eigenschaften gleich bleiben. Natürlich kann einem der Erfolg zu Kopf steigen, natürlich kann der Erfolg einen negativ prägen und von der eigentlichen Leidenschaft Fußball ablenken. Diese Verantwortung, die verschiedene Agenturen, Manager und Berater und „so called“ Friends auch immer wieder gerne für sich beanspruchen, ist vielleicht – um es diplomatisch zu sagen – qualitativ nicht die Beste. Und wenn man da den Kopf hat, zu sehen, was einem gut tut, dann ist man auf einem ganz entscheidenden Weg und hat einen enormen Vorsprung gegenüber anderen Konkurrenten, die da vielleicht nicht differenzieren können.

Wo kann seine Reise noch hingehen?

Bei Jo bin ich mir sicher, dass die Reise noch lange nicht zu Ende ist. Er hat den Körper und auch den Kopf – also die beiden entscheidenden „K’s“ – um lange erfolgreich zu sein. Und das sowohl beim FC Bayern als auch in der Nationalmannschaft. Ich bin aber niemand, der gerne Prognosen macht, sondern eher jemand, der ein ständiger und treuer Begleiter und ihm in guten und in schlechten Zeiten zur Seite stehe.

Wie hilft das Zusatz-/Individualtraining einem Sportler?

Das individuelle Training, das Fußballer und andere Mannschaftssportler machen, ist unheimlich wichtig, um zu wissen, woher Erfolg kommt und wie sich Erfolg aufbaut. Das ist deshalb entscheidend, um in Phasen, wenn es nicht läuft, auf etwas zurückgreifen zu können. Das Training gibt einem Stabilität und Selbstbewusstsein, um aus einem Leistungstief herauszukommen. Deshalb ist es gut, Menschen um sich herum zu haben, die einen schon länger begleiten. Denn oft gibt es ein Vakuum in einer Krise, das es zu füllen gilt. Mit Fakten, Daten, mit Infos, am besten mit einem Trainingsbuch, auf das man zurückgreifen kann. Trainingsbücher führen aber meist nur Individualsportler, wie ich es war, aber keine Mannschaftssportler.

Es ist wichtig, zu wissen, was tat mir gut, was habe ich trainiert, um diese Programme dann nochmal irgendwie abrufen zu können. Aus diesem Grund sage ich, ist diese bekannte Extrameile ganz entscheidend, um sich nicht zu verletzen und allem voran besser zu werden. Und das in Bezug auf Schnelligkeit und Robustheit und Belastungsfähigkeit. Und dann geht’s auch darüber, psychologisch einfach ein Mindestmaß an Trainingsintelligenz zu haben, um selbst auch zu wissen, was seinem Körper gut und weniger gut tut. Aber: natürlich sind Pausen und qualitative Regenerationen enorm wichtig, um teilweise volle Terminkalender mit extrem vielen Spielen noch bewältigen zu können.

Joshua Kimmich

Jo nach seiner OP. Weiter geht’s!

Wie hat sich das Training und die Belastung eines Sportlers im Vergleich zu deiner aktiven Zeit verändert?

Im Vergleich zu meiner Zeit hat sich vieles geändert. Das Gute zu meinen ehrgeizigen Zeiten war, dass ich der Zeit immer voraus war. Ich war immer auf der Suche nach Möglichkeiten, mich zu verbessern, nach Trainingsvarianten, nach verschiedenen Reizen, die neu für mich waren. Durch meine lange Karriere hatte ich das Glück mit vielen tollen Trainern und Sportlern Kontakt aufnehmen zu können. Ich war da nicht sehr scheu und hab gerade bei Meisterschaften und großen Wettkämpfen immer am Tisch gesessen und mich ausgetauscht. Da waren teilweise wirkliche Koryphäen im Weltsport, auch Disziplin-übergreifend, dabei.

Das hat meine Karriere schon geprägt – diese Neugier, dieser Perfektionismus nach Trainingsinhalten, nach körperlicher Leistungsfähigkeit. Und das, glaube ich, hat schon dazu geführt, dass es wenige Dinge gibt, die ich nicht kenne. Klar, es sind Sachen dazu gekommen, die mir auch damals in meiner Karriere geholfen hätten. Es gibt jetzt auch in der Welle des funktionellen Trainings Dinge, die weiterentwickelt worden sind. Und natürlich bin ich auch nicht der, der sich mit dem zufrieden gibt, was er als Trainer schon weiß. Ich arbeite heute noch tagtäglich daran, sich neue Infos zu holen und auch ein tolles Netzwerk von Sportlern und Experten aufzubauen, von denen ich so regelmäßig profitiere.

Daher kann ich sagen: Ja, es gibt viel Neues, aber viel von dem neuen „Shit“ von damals von mir, ist auch jetzt in der breiten Masse angekommen. Wobei man auch sagen muss, dass in der Leichtathletik mehr angekommen ist als bspw. im Fußball. Die Gründe dafür aufzuzählen würde aber jetzt den Rahmen sprengen.

Der Fußball-Sport entwickelt sich auch weiter, zwar etwas langsamer, in manchen Dingen dafür aber extrem gut, weil Fußball an sich aber auch viel mehr Möglichkeiten hat als die Leichtathletik. Vor allem durch eine breite Öffentlichkeit. Denn am Ende entscheiden die Massen der Zuschauer und die Einschaltquoten für die Möglichkeiten einer Sportart.

Trotzdem: Jeder hat die Möglichkeit, in seiner Sportart auf sich aufmerksam zu machen, zB auch via Social Media. Und jeder Sportler hat die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln.

Worauf sollten Sportler, die es ganz nach oben packen wollen, heute achten?  Was möchtest du ihnen mit auf den Weg geben?

Es gibt natürlich viele Sportler, die es ganz nach oben schaffen wollen. Am Ende macht es die Mischung. Und – so ehrlich muss man sein – ist eine gewisse Auslese da, denn nicht jeder bringt das selbe Talent mit. Talent verteilt sich nicht immer nur auf das Körperliche, sondern auch das Mentale. Da gibt es dann nicht mehr so viele, die für die ganz großen Aufgaben gemacht sind. Der Weg nach ganz oben ist steinig und schwer, da muss einen auch Mutter Natur küssen. Zwar bewirkt Training sehr sehr viel, aber natürlich sind wir genetisch limitiert. Umso wichtiger ist die mentale Power, zu der man aktiv – bspw. durch Erziehung – etwas beitragen kann.

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